Zwischen Potenzial und Gefahr
Laut der neuesten Leopoldina-Veröffentlichung zum Thema, bieten Digitale Medien wertvolle Chancen: Sie erleichtern den Zugang zu Wissen, eröffnen kreative Ausdrucksformen und Möglichkeiten der Vernetzung. Besonders für benachteiligte Gruppen können sie Barrieren abbauen, Bildungschancen verbessern und gesellschaftliche Teilhabe stärken. Bei gezieltem und altersgerechtem Einsatz lassen sich zudem soziale Kompetenzen, Problemlösefähigkeiten und Zusammenarbeit fördern.
Demgegenüber stehen jedoch ernstzunehmende Risiken. Zahlreiche Studien belegen, dass eine intensive, unregulierte Nutzung sozialer Medien mit einer Zunahme psychischer Belastungen verbunden ist. Genannt werden höhere Raten von Angststörungen, depressiven Symptomen, Einsamkeit, verminderter Selbstwert, Aufmerksamkeitsprobleme und eine eingeschränkte emotionale Selbstregulation. Ständige Vergleichsmöglichkeiten und Bewertungsmechanismen in sozialen Medien verstärken den sozialen Druck, während algorithmische Inhalte problematische Ideale und polarisierende Botschaften begünstigen. Übermäßige Bildschirmzeit beeinträchtigt zudem Schlafqualität und Erholungsphasen – ein zusätzlicher Risikofaktor für die mentale Gesundheit junger Menschen.
Zentrale Handlungsempfehlungen
Um diesen Belastungen zu begegnen, hebt die Leopoldina unter anderem zwei zentrale Hebel hervor:
Frühe Förderung von Selbstregulationskompetenzen – Kinder sollen bereits in Kita und Schule lernen, Emotionen, Aufmerksamkeit und Impulse bewusst zu steuern. Diese Fähigkeit gilt als entscheidend, um digitale Medien reflektiert und selbstbestimmt zu nutzen.
Verbindliche Medienbildung – Altersgerechter Unterricht soll Wissen über Chancen und Risiken sozialer Medien vermitteln, die psychischen Effekte digitaler Inhalte erklären und Funktionsweisen algorithmischer Systeme transparent machen.
Ergänzend empfiehlt die Akademie klare Vorgaben zur Bildschirmzeiten, gezielte Fortbildungen für Eltern und pädagogische Fachkräfte sowie den Ausbau psychosozialer Unterstützungsangebote. Diese Maßnahmen sollen sicherstellen, dass Kinder und Jugendliche nicht nur technisch versiert, sondern auch psychisch widerstandsfähig im Umgang mit digitalen Medien werden.
Die Kernbotschaft der Leopoldina: Digitale Medien sind weder grundsätzlich schädlich noch uneingeschränkt förderlich – entscheidend ist die Art der Nutzung und die Qualität der begleitenden Unterstützung. Prävention, Medienkompetenz und klare Rahmenbedingungen seien der Schlüssel, um die Chancen digitaler Angebote zu nutzen, ohne die psychische Gesundheit einer ganzen Generation zu gefährden. Obwohl das Wort „Achtsamkeit“ im Diskussionspapier nicht explizit erwähnt wird, zieht sich das Thema als Leitmotiv durch das Dokument: Es geht um sorgsames Wahrnehmen und bewussten Umgang mit digitalen Medien – also gelebte Achtsamkeit im Medienalltag. Um reflektierte Mediennutzung, nicht bloß um verbieten: Die Leopoldina plädiert dafür, Kinder und Jugendliche kompetent zu machen – nicht sie zu überfordern oder zu bevormunden.
Engagement im ERASMUS+ Projekt WISE-UP
Bereits Ende 2024 betonte die Leopoldina in ihrer Stellungnahme zur „Förderung der Selbstregulationskompetenzen von Kindern und Jugendlichen in Kindertageseinrichtungen und Schulen“ neben regulatorischen Maßnahmen die Bedeutung von Achtsamkeit als Schlüsselkompetenz hinsichtlich der Förderung der Selbstregulationskompetenz junger Menschen: Sie sollen befähigt werden, ihren Medienkonsum bewusst wahrzunehmen, emotionale Reaktionen einzuordnen, selbstreguliert Grenzen zu setzen und so ihre psychische Resilienz nachhaltig zu stärken. Achtsamkeit sollte demnach gezielt in pädagogische Konzepte, schulische Prävention und Elternarbeit integriert werden – etwa durch digitale Bildung, Medienreflexion und achtsamkeitsbasierte Trainings.
Genau da setzt das dreijährige, von ERASMUS+ geförderte Projekt „WISE-UP“ an, an dem AKiJu seit März 2025 als einer von 12 internationalen Partnerorganisationen maßgeblich beteiligt ist. Ziel ist es, Achtsamkeit als festen Bestandteil des europäischen Bildungssystems zu etablieren. WISE-UP verbindet digitale Kompetenz mit psychischer Gesundheitsförderung, schult Lehrkräfte und sensibilisiert Schüler:innen für die Auswirkungen übermäßiger digitaler Mediennutzung. Damit stärkt das Projekt die Resilienz und Selbstregulation von jungen Menschen sowie ein gesundes digitales Nutzungsverhalten – es schafft praxisnahe Ansätze, um den psychischen Belastungen durch übermäßige Mediennutzung wirksam zu begegnen.